Über das Sein im Werden (10)

Über das Sein im Werden

Eine unmittelbare Geschichte der reinen Gegenwart

zu Teil (1) der Geschichte

zu Teil (9) der Geschichte

Es schien eine Ewigkeit her, als sie die Stimme des Geistes vernahm, der in trauter Verbundenheit mit ihr sprach. Zu sehr war sie beschwert von der Last der inbrünstigen Tiefe, die ihr physisches Sein zutiefst erschütterte, so dass sie es nicht schaffte, sich zu erheben. Ihr Herz spaltete sich damals ab und stieg empor, ohne ihren freien Willen zu beflügeln. Zu schnell wollte sie heraus aus der Misere, in der sie sich befand. Zu ungeduldig war sie, um einst das ganze Ausmass der Dunkelheit in sich zu schauen. Zu einschneidend war es, in der Tiefe zu verharren, um den Willen aus freien Stücken wiederzufinden und vom Schlamm der beschwerenden Last zu befreien. Sie war kraft- und haltlos und hatte aufgegeben. Aber nur halbherzig, so dass ein Teil ihres Herzens sich zwar erhob. Aber ohne den freien Willen, der in den alten Schlacken der dunklen Vergangenheit ein trauriges Dasein fristete. ~ Jetzt aber hörte sie die Stimme wieder und erinnerte sich, dass sie diesen Ton schon einmal vernommen hatte. Die Stimme war lauter und klarer und schrieb sich in ihr Herz ein mit den Worten «Erhebe Dich Geliebtes, erhebe Dich. Du kannst es jetzt. Erhebe Dich und sieh’ wie Du fliegst. Aus eigener Kraft, aus freien Stücken. Leicht und frei. Nichts mehr kann Dir geschehen, denn Du hast die Wahrheit bereits gesehen.» Und sie tauchte auf. Ohne ihr Zutun. Ganz von selbst. Mit dem Kopf zuerst und sie rieb sich die Augen, als die Sonne ihre Seelenaugen mit funkelnden Perlen der Liebe benetzte. «Jetzt sehe ich», sah sie sich hören. «Mein Blick reicht weiter als jemals zuvor. Kein Dunkel mehr, keine bremsende Last. Kein Zerren und Ziehen mehr an meinen Füssen. Ich werde gehoben und ach’ ich schwebe, schwerelos dem Himmel entgegen. Wer trägt mich da?», hörte sie sich fühlen und sie vernahm eine neue Leichtigkeit, die sie bedingungslos liebend an die Hand nahm, um sie aus dem Wasser zu ziehen. «Wer bist Du? Und wohin wirst Du mich führen?» huschte es über die mit Tropfen der Klarheit benetzten Lippen.

zu Teil (11) der Geschichte

… to be continued und fortgeschrieben von Moment zu Moment …

© 2014-2020 Text by Birgitta Borghoff (11. Mai 2020). brückenwege.ch. All rights reserved.

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