Nichts geht mehr, wie es vorher ging. Alles ist anders, neu und doch bekannt. Wovor fürchtest Du Dich? Vor der nackten Wahrheit, die sich zeigt? Oder vor dem Sterben? Dem Sterben Deines Ichs, dem lautlosen Verhallen Deiner Stimme in dieser Welt? Hast Du Angst? ~ Ich glaube, ja. Angst vor dem eigenen Sterben während Du lebst. Wie kann das gehen? Sterben während Du lebst.
Zunächst: Nehme die Herausforderung an, die sich Dir zeigt. Auch wenn Du nicht weisst, wie damit umgehen. Atme tief ein und vergewissere Dich des lebendigen Atems, der tief und weit Deinen Körpder durchströmt. Nun gib’ Dich dem Atem hin, der Dich trägt und wiegt. Lasse Dich fallen in diese Hingabe. Und atme aus. Atme Dein Leben aus. Alles, was Du jemals erlebt hast in diesem Deinen Erdenleben. An schönem und an weniger schönem. An schmerzhaften und freudvollen Erfahrungen, Geschichten, Begegnungen. Atme alles aus. Halte nichts fest. Weder die guten Erlebnisse noch die schlechten. Atme aus, bis alles aus Dir raus ist, was Du jemals gefühlt, gesehen, gewusst, gehört, geschmeckt oder berührt hast. Lass‘ es ziehen. Alles. Alle Momente stillen und geteilten Glücks. Augenblicke des tiefsten Schmerzes und grösster Gewalt. Lass’ los. Lasse es gehen. Lasse es weiter ziehen und davon gleiten im Strom des Lebens. Beobachte, wie alles von dannen zieht. Du bist einfach nur da. Ohne alles. Mit nichts. Fühlst Du die Stille, die Dich umgibt in tiefem Schweigen und lautlosem Frieden? Die Leichtigkeit, die sich zärtlich an Deinen Körper schmiegt und leise wärmt? Eine tiefe Geborgenheit im stillen Wissen, dass alles da ist, was Du brauchst. Jetzt und jederzeit.
Hast Du immer noch Angst vor dem Sterben? Ja? ~ Und wenn ich Dir sage, dass Du just vor wenigen Minuten bereits gestorben bist? Wie? Du hast es nicht bemerkt? Und weh’ getan hat es auch nicht? Hmh? Warum hast Du dann noch Angst? Frage Dich tief und inniglich: Wovor hast Du wirklich Angst? ~ Oh’ jetzt,…ich sehe es, Deine Angst. Du bist schon Tausende Tode gestorben und hast immer noch Angst. Wieso ist das so? ~ Nimm’ zunächst einen tiefen Atemzug. Atme tief ein bis in den tiefsten Grund Deines Wesens, bis nicht mehr reingeht. Bis Du nichts mehr aufnehmen kannst. Wie lange atmest Du ein? Zähle die Sekunden. Fühle, wie der Lebensatem in Deine Lungen strömt. Von dort aus weiter in die Mitte Deiner Körper bis tief in den Unterbauch. Die Beine hinunter bis in beide Füsse und Zehenspitzen. Fühle, wie der Atem Dein ganzes Sein durchdringt und nährt. Wie er über Deine Fusssohlen hinaus durch den Boden fliesst, tief und weit zugleich. Als ob er Wurzeln schlägt tief in Mutter Erde. Hälst Du es aus, wie Dich Dein Atem nimmt und Dein gesamtes Wesen durchwebt. Spürst Du wie es pulsiert und schwingt in lebendiger Freude. Wie es lacht und tanzt in hellem Sonnenschein? Das ist Leben in seiner reinsten Form. Geniesse diesen Augenblick und bade in seiner Anmut. Und wenn Du bemerkst, dass Dein Atem bis zum äussersten Mass erfüllt ist, Dein Herz voll ist und überfliesst vor Lebenfreude, dann halte inne und fühle diesen magischen Moment ganz bewusst. Dann öffne Deinen Mund und atme aus. Lange und tief. Sehr bewusst. Und sterbe aufs Neue. Lass’ los und ziehen, was gehen will. Jetzt in diesem Moment. Halte nichts fest und wisse, dass alles in Dir ist, was Du brauchst. Hälst Du fest, stirbst Du qualvoll und länger als nötig. Wahres Sterben ist von kurzer Dauer. Es braucht nicht viel, nur Hingabe an den Moment. Nur das Leben währt ewig. Unendlich fliesst es durch Dich hindurch. Nun frage Dich ehrlich: Lebst Du schon oder stirbst Du noch? ~ Dann triff’ eine neue Wahl und gehe heiter weiter.
© 2018 Text Birgitta Borghoff (empfangen am 5.3.2018)
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