Eine unmittelbare Geschichte der reinen Gegenwart
…
Sie sank tiefer und tiefer. Hinein in den Urgrund ihrer Seele. Es zog sie nach unten, weiter und weiter. In die tiefsten Tiefen der Gegenwart. Und es war dunkel. Stockdunkel. Sie fröstelte und klammerte sich an ein Stück Holz, das ihren Fuss sanft berührte. Sie versuchte sich festzuhalten, um anzuhalten. Doch die Strömung trieb sie tiefer und tiefer in noch dunklere Seen. Das Wasser wurde immer dichter und fester. Sie konnte nichts mehr sehen. Alles war schwarz. So schwarz wie das Loch in ihrer Seele, was in jenem Moment in ihr brannte. Es war ihr, als würde sie ganz und gar vergehen. Und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Sie fühlte sich kraft- und hilflos. Einsam. Ohne Grund und Boden. Und so geschah es, dass sie vollkommen aufgab. Genügsam liess sie los und ergab sich dem schweigenden Wunder des Unmuts. Trostlos blickte sie noch einmal nach oben zur Wasseroberfläche. Doch sie war blind. Blind gegen die stockende Dunkelheit der bodenlose Tiefe, die sie aufsaugte wie einen nassen Schwamm. Immer tiefer. Bis in den Mittelpunkt ihres Seins. Und dort fand sie Halt. Den Halt, nachdem sie sich so sehr sehnte. Und sie staunte! „Ich bin ja immer noch da!“, ging es ihr durch den Kopf. „So tief bin ich gesunken, aber ich bin noch da. Wie kann das sein?“
… to be continued und fortgeschrieben von Moment zu Moment …
© 2014-2017 Text by Birgitta Borghoff (29. April 2017). brückenwege.ch. All rights reserved.
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